Fuji San – Wandern abseits der Metropolen Japans

Eintauchen in die Seele Japans außerhalb der Metropolen, dort wo es ursprünglich und authentisch ist: grüne Wälder, spitze Bergrücken, tiefe Schluchten mit rauschenden Flüssen, kleine pittoreske Weiler an verträumten Orten – das deutete sich an mit der Ankündigung zum Vortrag von Prof. Jörn Kekow.

Die DJG Sachsen-Anhalt hatte anlässlich seines öffentlichen Vortrags am 02. Februar in das einewelt haus Magdeburg eingeladen. 26 an Japan interessierte Gäste waren dem gefolgt. Darunter so einige Japankenner. Die beiden Ehrenpräsidenten der DJG Sachsen-Anhalt, Prof. Lutz Wisweh und Michael Gosewisch, das Mitglied des Landtags Nicole Anger sowie weitere Aktive des öffentlichen Lebens hatten sich in den großen Saal des einewelt Hauses eingefunden.

Jörn Kekow nahm sie alle mit auf eine wundervolle Reise durch die japanischen Alpen mit Zwischenstopps u.a. in Takayama (auch als „Klein-Kyoto“ bezeichnet), in der Burgstadt Matsumoto sowie in der einzigartigen Seenlandschaft am Fuß des Vulkanmassivs des Heiligen Bergs der Japaner, dem Fuji San.

Der mit spektakulären Fotos dokumentierte Aufstieg auf den 3776 m hohen, derzeit ruhenden Vulkan – letzter Ausbruch am 16. Dezember 1707 – war dabei ein Höhepunkt der besonderen Art dieses reich bebilderten Vortrages. Den spektakulären Sonnenaufgang auf dem Gipfel erleben, was gibt es Großartigeres auf dieser Welt?

Auf seine ihm eigene charmante Art nahm Jörn Kekow die Gäste mit zu verschiedenen Orten und Episoden dieser „Abenteuer“-Reise mit liebenswürdigen, immerzu freundlichen und hilfsbereiten Menschen der Bergwelt Japans sowie mancher Besonderheit am Wegesrand.

Die schmerzbefreiende Selbsterfahrung des Übernachtens im traditionellen Ryokan mit Schlafen auf dem harten Fußboden, Begegnungen der besonderen Art mit Japanmakaken, den putzigen badeverliebten Schneeaffen Japans, und auch das Verköstigen von ungewöhn­lichen, in heißen Schwefelquellen gegarten schwarzen Hühnereiern, darüber und über noch viel mehr berichtete Jörn Kekow auf zum Schmunzeln anregende kurzweilige Weise.

Im Zuge einer Fragerunde nach seinem Vortrag stellte Jörn Kekow sich unzähligen Fragen zu Land und Leuten des Archipels der aufgehenden Sonne.

Nicht wenige Gäste brachten ihre Begeisterung für Japan wiederholt zum Ausdruck. So manche und so mancher waren bereits im Land des Lächelns. Mehrere Gäste des Abends fügten sich beseelt ein in den Austausch von persönlichen Erlebnissen.

Ein wahrlich gelungener Abend!Auf Bitten von Präsident Tim Schneider haben die Gäste für die Fortsetzung der Unter­stützung humanitärer Hilfsprojekte für die Ukraine insgesamt 100 € gespendet. Der Betrag wurde für aktuelle Projekte der Landeshauptstadt Magdeburg für die Städtepartnerschafts-stadt Saporischschja bereitgestellt.

Samurai auf der internationalen Bühne – Geschichte nach der Landesöffnung

Der ursprünglich für den 11. März vorgesehene Vortrag „Samurai auf der internationalen Bühne – Geschichte nach der Landesöffnung“ von Herrn Dr. Kamino wird ggf. zu einem späteren Zeitpunkt angeboten.

Es ist bekannt, dass Japan bis vor 150 Jahren nahezu abgeschlossen war und sich dann der restlichen Welt öffnete. Wir wissen auch, dass Japan vor 74 Jahren den II. Weltkrieg verlor. Uns ist aber nicht besonders gut bekannt, was für eine internationale Rolle Japan zwischen den beiden Ereignissen spielte. 

Genau das ist das Thema des Vortags.  

15 Jahre später führte Japan Krieg mit der chinesischen Qing-Dynastie (I. Japanisch- Chinesischer Krieg) und weitere 10 Jahre später mit Russland (Japanisch-Russischer Krieg). 

Nach der Öffnung des Landes erkannte Japan, dass fast alle südostasiatischen Länder kolonisiert waren. Deshalb befürchtete Japan seine Kolonisation durch ein westliches Land in vollem Ernst, so dass es geopolitische Gegenmaßnahmen ergriff.  

Die japanischen Siege in den beiden Kriegen erweckten Vorsicht unter den Weltmächten. 

Die USA hielten Japan für eine Bedrohung und stuften es in einen angenommenen Feind ein, weil sich die USA für den Erwerb eigener Kolonien in China interessierten. 

Europäische Staaten begannen, Japan als ihren Konkurrent zu betrachten, weil sie ihre erworbenen Rechte in China behalten wollten. 

Japan und die westlichen Saaten „machten also Jagd“ auf profitable Konzessionen auf dem wegen des Bürgerkriegs instabilen chinesischen Festland. 

Japan beteiligte sich am Ersten Weltkrieg als einer der Alliierten. Dadurch erhöhte Japan seine internationale Stellung weiter und wurde eine der fünf Weltmächte. 

Der erbitterte Konkurrenzkampf auf dem chinesischen Festland führte zum II. Japanisch- Chinesischen Krieg und zum Pazifikkrieg mit den USA. Japan verlor den Zweiten Weltkrieg.

Die japanische Kriegsserie bewirkt ein – sozusagen – „Nebenprodukt“, nämlich sie gab Japan Anlass zur Befreiung Südostasiens.

Vortrag „Japanerinnen – missverstandene Geschöpfe?“

Am Mittwoch, 28. Februar 2018, lud die Deutsch-Japanische Gesellschaft Sachsen-Anhalt e.V. zu einem öffentlichen Vortrag in das einewelthaus in Magdeburg.

Der Referent, Herr Dr. Kenji Kamino aus Hannover, führte uns in seinem Vortrag auf überzeugende Weise ein in die Welt der Rollenverteilung und des Geschlechterkampfes um Meinungsführerschaft und innerfamiläre Vorherrschaft mit entsprechenden Auswirkungen auf das Familienleben und auf die Gesellschaft in Japan für einen Zeitraum der zurückliegenden zweitausend Jahre.

Hoch interessante Details von sich nach und nach modifizierenden Verheiratungsstrategien und -prozeduren, vom gewandelten Erb- und Scheidungsrecht als Spiegel der Macht­verhältnisse zwischen dem ehemals starken weiblichen Geschlecht und dem männlichen Pendant sowie von ganz alltäglichen Entscheidungsbedürfnissen zwischen Mann und Frau wurden humorvoll und einprägsam erläutert. Herr Dr. Kamino hatte seinen Vortrag in bewährter Weise mit eindrucksvollen Foto-Beispielen und Film-Beiträgen angereichert.

Japanerinnen können sich dem Anschein nach unterordnen und im Hintergrund wirklich machtvoll wirken

Wie können wir uns die über lange Zeitlinien gelaufene Entwicklung vorstellen?

Japan hat einen über viele jahrhunderte andauernden Prozess einer Entwicklung von einer Frauen- bzw. Mutter-dominierten Gesellschaft über eine Zeit der weitgehenden Gleichstellung, im weiteren Verlauf eine Zeit des schleichenden Machtgewinns der Männer bzw. Väter bis zur absoluten Dominanz des männlichen Geschlechts durchlaufen.

Besonders in der Samurai-Epoche (17. – 19.Jhd.) hatte die Frau einen Großteil ihrer Rechte verloren, war der Mann der alleinige Haushaltsvorstand, der eine Vielzahl von Entscheidungen allein zu treffen hatte.

Mit der nach mehr als 250 Jahren vollständigen Abschottung vom Ausland im Jahr 1861 politisch erzwungenen Öffnung Japans und der danach rasant einsetzenden kraftvollen Modernisierung durch Übernahme westlicher Technologie, Wissen, Kultur und ansatzweise auch Lebensweise begann ein Prozess der erneuten Gleichstellung der Frau in der Gesellschaft. Insofern war die Meiji-Zeit der Beginn einer fortschrittlichen Entwicklung, auch mit Blick auf die Stellung der Frau in Familie und Gesellschaft.

Mit der unter starkem Einfluss der USA erarbeiteten und am 3. Mai 1947 in Kraft getretenen neuen japanischen Verfassung und dem darauf aufbauenden Rechtssystem wurde die vollständige Gleichstellung der Frau rechtlich etabliert.

Gleichwohl sind vielfältige, noch immer lebendige Traditionen und Rituale, Verhaltensmuster und Denkweisen ein beredter Hinweis darauf, dass in Jahrhunderten gefestigte Gewohn­heiten und Gebräuche sehr, sehr tief im Bewusstsein der Menschen in Japan verwurzelt sind.

Wer in Japan das Geld verwaltet, hat die Fäden in der Hand

So ist es noch heute laut aktueller Umfrage einer japanischen Großbank so, dass in zwei Drittel der Haushalte die Ehefrau das gesamte Vermögen verwaltet und dem Ehemann ein Taschengeld auszahlt. Man hört so, dass es so sei: wenn er alles richtig macht, wird das Taschengeld erhöht… Es gäbe noch viel zu berichten darüber, ein abendfüllendes Thema…

Trotz absoluter Gleichstellung nach dem Gesetz sind noch gelegentlich irritierende Unterschiede zwischen Mann und Frau im Japan dieser Tage beobachtbar. Auf breiter Basis gibt es jedoch Entwicklungen, die eine An­gleichung an die weitgehend ausbalancierte Gleichberechtigung in Europa und Nordamerika erkennen lassen.

Im Jahr 2016 wurde in der Präfektur Tokio mit Yuriko Koike erstmals eine Frau zur Gouverneurin gewählt. Japan hat bereits zwei Astronautinnen hervorgebracht. In mehr und mehr Berufsfelder stoßen Frauen als zuverlässige und geachtete Arbeitskräfte vor: So gibt es mittlerweile Lokführerinnen für die superschnellen Shinkansen-Züge, eine Fregatten-Kapitänin sowie erste Kampfpilotinnen im Luftgeschwader der Selbstverteidigungskräfte. Im Parlament (Unterhaus sowie Oberhaus) sind ebenfalls einige weibliche Abgeordnete vertreten. Auf kommunaler Ebene sind die Frauen auf dem Vormarsch.

In der jüngeren Generation wagen mehr und mehr Frauen in der postindustriellen Dienstleistungsgesellschaft den Schritt in die Selbständigkeit. Jedoch hat das Leitbild von der fürsorgenden Ehefrau und Mutter, die für ihre Kinder die Berufsausübung aufgibt, für einen Teil der Frauen in Japan noch immer seinen Reiz. Und dennoch: Japan wir vielfältiger und bunter, neue Entwicklungen werden durch den demografischen Wandel mit einer bedenklichen Überalterung und starker Schrumpfung außerhalb der Metropolregionen befeuert.

Ehrenmitgliedschaft für Dr. Kenji Kamino

Herr Dr. Kamino war nun schon für den zehnten spannenden Vortrag nach Magdeburg gekommen. Dieses Jubiläum nahmen wir zum Anlass, ihm die Ehrenmitgliedschaft in unserer DJG anzubieten. Dies nahm er gern an. Verbunden mit einem herzlichen Dankeschön überreichte ihm unser Präsident Prof. Lutz Wisweh eine Urkunde zur Ehrenmitgliedschaft sowie einen Präsentkorb mit Spezialitäten aus Sachsen-Anhalt an den sichtlich erfreuten Referenten.

Wieder einmal ein unvergesslicher Abend! Ein herzliches Dankeschön an den kompetenten Kulturvermittler aus Hannover! Wir freuen uns schon heute auf seinen nächsten Besuch bei uns.

“Einmal Kumano Kodo und zurück” – In Wanderschuhen quer durch Japan

Am 26.01.17 entführte uns unser DJG-Mitglied Andrea Hartung im Nachbarschaftszentrum Neue Wege e.V. in Magdeburg mit einem beeindruckenden Lichtbildvortrag und mit kleinen kulinarischen Köstlichkeiten aus Japan in eine Gegend von Japan, fernab vom Massentourismus entlang des ältesten Pilgerweges von Japan.

Die Erlebnisse als Pilgerer zeigten uns ein ganz anderes Bild von Japan mit einer Pflanzen- und Tierwelt die eine sehr meditative Ausstrahlung hat.

Blasen an den Füßen, Begegnungen mit Bären, freundliche und hilfsbereite Menschen, Übernachtungen in einfachen japanischen Jugendherbergen und Hotels prägten den Pilgerweg.

Doch danach stürzte sie sich wieder in das Leben bekannter japanischer Großstädte, wie auch Osaka, Kyoto und Tokyo. Gern sind wir ihrer Reiseroute gefolgt und führten im Abschluss bei selbstgekochten japanischen Spezialitäten wie Doroyaki, Mitarashi-Dango, Yaki-Gyoza, Kaffee und grünem Tee den Erfahrungsaustausch weiter.

Tohoku – Tragik und Hoffnung einer tüchtigen Region

 Eindrücke vom Wiederaufbau im vom Tsunami überfluteten Nordost-Japan

Stippvisite im Jahr drei nach der Jahrtausendkatastrophe

Vortrag in der Stadtbibliothek

11.03.2015, 19.30 Uhr

Wie geht es weiter nach dem alles umwälzenden Tsunami?

In Tohoku, einer großen Region in Nordost-Japan, sind unglaublich schnell nach der in ihren Dimensionen von hier aus nur schwer begreifbaren Jahrtausendkatastrophe vom 11. März 2011 Schrecken und Trauer gewichen, sind Entschlossenheit, Tatkraft und unbeugsamer Wille zum Wiederaufbau in wahrnehmbare Fortschritte des Neuanfangs geflossen.

Die Hoffnung auf neues privates Fußfassen, auf wirtschaftlichen Wohlstand und auf ein funktionierendes Gemeinwesen wird bestärkt durch die ersten Pflänzchen realisierter Pilotprojekte. Die Projekte können beispielgebend für andere Regionen und Länder sein.

Hierüber wird Dipl.-Ing. Tim Schneider, Stadt- und Verkehrsplaner aus Magdeburg, am 11. März 2015, dem 4. Jahrestag der Dreifachkatastrophe, um 19.30 Uhr mit einem bild­gewaltigen Vortrag in der Stadtbibliothek berichten.

Dabei werden die plattentektonischen Rahmenbedingungen als Ursache für das stärkste je in Japan gemessene Seebeben kurz vorgestellt sowie die zerstörerischen Kräfte der Erschütterungen des Erdbebens wie auch der einströmenden Wassermassen des Tsunamis anhand von Fotos in Erinnerung gerufen. Darüber hinaus wird der Referent über die bereits vor den schicksalhaften Geschehnissen von demografischen Veränderungen und wirt­schaftlichem Strukturwandel geprägte Region sprechen.

Anhand innovativer Projekte, nicht selten auf der Ebene bürgerschaftlichen Engagements geboren und am Leben gehalten, wird der facettenreiche Neuanfang in den oft vollständig zerstörten Küstenstädten vorgestellt.

Begonnene staatliche Maßnahmen des baulichen Küstenschutzes, die sich an den unvor­stellbaren Höchstständen der Tsunami-Flutwelle orientieren, werden mit ihren Auswirkungen auf das Orts- und Landschaftsbild in Bezug gesetzt zu vielfältigen orts­angepassten Initiativen zur Wiederaufnahme des öffentlichen Lebens auf kommunaler und ehrenamtlicher Ebene.

Dabei wird klar, dass es garantierten Schutz in einer seismisch so aktiven Region nicht geben kann. Das technikgläubige Japan ist gerade dabei, sich dies in schmerzhaften Lern­prozessen einzugestehen.

Der Vortrag ist kostenfrei, um eine Spende für ein Hilfsprojekt für betroffene Kinder wird gebeten.

Weitere Informationen sind unter info@djg-magdeburg.de sowie unter Tel. 0179 – 34 78 272 (Tim Schneider) sowie unter Tel. 039203 – 60 430 (Prof. Lutz Wisweh)

Atombombenabwürfe auf Japan – Warum? Zum 70. Gedenkjahr

Am Donnerstag, 05.02.2015, waren auf Einladung der Deutsch-Japanischen Gesellschaft Sachsen-Anhalt e.V. gut 40 Magdeburgerinnen und Magdeburger in den IBA-shop des Stadtplanungsamtes gekommen, um dem Vortrag „Atombombenabwürfe auf Japan – Warum? Zum 70. Gedenkjahr“ zu folgen und an der Vernissage der Aus­stellung „Hiroshima – Nagasaki“ der Deutschen Sektion der Internationalen Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW) teil­zunehmen.

Auf Einladung der DJG war der Bürgermeister und Beigeordnete für Finanzen, Herr Klaus Zimmermann, als Vertreter der Landeshauptstadt Magdeburg gekommen.

Frau Dipl.-Ing. Liane Radike begrüßte als Hausherrin des IBA-shops sowie als Ver­treterin des Stadtplanungsamtes alle Gäste und brachte einen kurzen Überblick über die spezielle Magdeburger Rezeption der Geschehnisse zum Ende des Zweiten Weltkriegs in Japan ein.

Der Präsident der DJG, Herr Prof. Dr.-Ing. Lutz Wisweh begrüßte die Gäste und stellte Herrn Dr. med. Kamino als hier in Magdeburg bereits seit vielen Jahren bekannten und hoch geschätzten Referenten zu japanspezifischen Themen vor.

Herr Kamino brachte seine Freude zum Ausdruck, zum wiederholten Mal hier in Magdeburg vortragen zu dürfen.

Sein Vortrag führte in unerwartete, vielen Gästen so nicht bekannte historische Hintergründe und Sichtweisen ein.

Der Referent stellte eine ausgewogene, die verschiedenen Seiten beleuchtende Sicht auf historisch nachgewiesene, jedoch nicht unumstrittene Sachverhalte dar.

Quellen seines Vortrages waren u.a. verschiedene Publikationen mit Auswertung von Informationen aus in den vergangenen Jahren für die Öffentlichkeit zugänglich gemachten US-Militär- und Staatsarchiven.

Für viele Gäste schockierende, da so bisher nicht bekannte Erkenntnisse über die offen­sichtlich aus geopolitisch-strategischen Gründen getroffenen Entscheidungen, die zu den beiden Atombombenabwürfen führten. Der Referent argumentierte nachvoll­ziehbar und anhand konkreter Fundstellen, dass starke Zweifel bestehen, dass allein aus dem Kriegsverlauf resultierende Erfordernisse zur schwerwiegenden Entscheidung des Atom­bomben-Abwurfes geführt hatten. Es müssen wohl andere Gründe im Vordergrund gestanden haben. Auf diese ging der Referent vertiefend ein.

Herr Kamino wies anhand aktueller Schulbücher eine mangelhafte, da nicht gegebene ganzheitliche Sicht auf historische Zusammenhänge im japanischen wie auch im US-amerikanischen Schulbildungssystem nach. Er resümiert für beide Nationen eine weit verbreitete Unwissenheit über die wahren Zusammenhänge und Hintergründe.

Nach dem Vortrag stellte sich der Referent den Fragen und Beiträgen aus dem Audi­torium. Dabei ging es unter anderem darum, wie heute mit 70 Jahren Abstand zu den Geschehnissen diese überhaupt noch angemessen gewürdigt werden können.

Mehrere Fragen aus dem Auditorium fokussierten auf die heutige Rezeption der historischen Geschehnisse in Japan. Auf Nachfrage konstatierte Herr Kamino, dass in der japanischen Gesellschaft kein Zusammenhang zwischen militärischer und friedlicher Nutzung der Kernenergie gesehen wird. Die aktuellen Geschehnisse in Fukushima würden in Japan nicht mit den Erfahrungen aus Hiroshima und Nagasaki verbunden.

Der im japanischen Volk ungemindert fortbestehende unverbrüchliche Wille zu Fried­fertigkeit und Völkerverständigung und die bedingungslose Absage jeglicher Her­stellung, Anschaffung und Vorhaltung von Kernwaffen stehen nicht im Widerspruch zu den zunehmenden Spannungen in Ostasien und den aktuellen innerjapanischen Debatten zur künftigen Ausrichtung der Selbstverteidigungsstreitkräfte und der außen­politischen Positionierung.

Die Ausstellung der Deutschen Sektion der Internationalen Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW) greift nahtlos den inhalt­lichen Faden des Abends auf und stellt ihn auf ein breiteres Fundament.

Zwei aus Japan stammende Wissenschaftler der Otto-von-Guericke-Universität hatten den Weg zum IBA-shop gefunden, ebenso waren Ärzte des Universitäts-Klinikums unter den Gästen. Frau Dr. Poenicke, neue Leiterin der Stadtbibliothek, sowie der DJG-Ehren­präsident Michael Gosewisch mit seinem Sohn Roman sowie Herr Dr. med. Rolf Wilms, der Referent des für April 2015 vorgesehenen Vortrags über – u.a. strahlungsbedingte – Hautkrankheiten, waren in den IBA-shop gekommen.

Die Ausstellung wird bis zum 28.02.2015 im IBA-shop, Regierungsstraße 37, zu sehen sein. Anhand ausgewählter Fotos, graphisch aufbereiteter Informationen und Statistiken wird die komplexe Materie der Herstellung, der Auswirkungen der Detonation, der Folge­wirkungen sowie des lang anhaltenden Leids der Menschen vor Ort dokumentiert. Die Informationen gehen im wahrsten Sinne der Worte unter die Haut…

Tim Schneider