Nurzu, auf nach Niigata!

Vertiefung der Kontakte nach Ost-Japan mit einem Besuch bei der JDG Niigata

Eine dreiwöchige, privat organisierte Rundreise durch die Mitte und den Nordosten von Japan führte Tim Schneider, einer der Vizepräsidenten der DJG Sachsen-Anhalt e.V., auch in die Großstadt Niigata an der Westküste zum Japanischen Meer. Die aufgrund zahlreicher Eingemeindungen nunmehr über 800.000 Einwohner umfassende Stadt ist Sitz der Ver­waltung der gleichnamigen Präfektur und verfügt u.a. über sieben Universitäten und Hoch­schulen sowie einen nicht unbedeutenden Überseehafen. Die Region ist ein Erdöl- und Erdgas-Fördergebiet, daher gibt es auch Erdölraffinerien. Daneben spielen die Papier- und Nahrungsmittelindustrie sowie der Maschinen- und Schiffbau eine bedeutende wirtschaftliche Rolle. Im Jahr 1990, d.h. vor den Eingemeindungen, hatte Niigata ca. 486.000 Einwohner und mit 209 km² eine Stadtfläche nahezu identisch mit Magdeburg.

Tim Schneider wurde ausgesprochen freundlich und interessiert von Mitgliedern der Japanisch-Deutschen Gesellschaft von Niigata empfangen. Die Kontakte zwischen den beiden Gesellschaften bestehen bereits seit gut 20 Jahren und werden durch vielfältige Aktivitäten insbesondere unseres Präsidenten der DJG Sachsen-Anhalt, Prof. Dr.-Ing. Lutz Wisweh, kontinuierlich gepflegt. Die fruchtbare Kooperation zwischen der Otto-von-Guericke-Universität und der Niigata-Universität besteht bereits seit 1986.

Die gut 100 Mitglieder umfassende Japanisch-Deutsche Gesellschaft (JDG) in Niigata unterhält ein reges Vereinsleben. Für das Jahr 2015 ist eine Vereinsreise nach Deutschland angedacht, die nach derzeitigen Vorstellungen auch nach Magdeburg führen könnte.

Der Generaldirektor der JDG Niigata, Herr Michihei Kurihara, setzt sich u.a. als Geschäftsführer der „Shinano Watershuttle Corporation“, der „Weißen Flotte“ von Niigata, für die Stärkung des Stadttourismus ein. Er möchte sich künftig vertiefend über Magdeburgs touristische Angebote u.a. auf der Elbe mit dem Wasserstraßenkreuz und auch mit Blick über die Stadtgrenzen hinaus informieren.

Weitere Mitglieder der JDG Niigata, darunter mehrere Professoren der Universität Niigata, sind sehr an einer Vertiefung der Kontakte nach Magdeburg interessiert.

Der herzliche Empfang für Tim Schneider beinhaltete eine ganztägige Stadtführung durch die Innenstadt von Niigata, die von mehreren Mitgliedern der JDG Niigata begleitet wurde. Hierbei wurden u.a. ein durch Bürger-Engagement vor dem Abriss gerettetes und denkmalgerecht erneuertes historisches Gebäudeensemble des Sommersitzes der angesehenen Großhandels-Familie Saito mit einem ausgesprochen schönen japanischen Garten besichtigt. Ebenfalls wurde ein im Stadtzentrum gelegenes historisches Kaufmannshaus besucht.

Als unvergesslichen Höhepunkt des Tages lies es sich der nunmehr im (Un-)Ruhestand agierende frühere Oberbürgermeister der Stadt Niigata, Herr Yoshiaki Hasegawa, nicht nehmen, höchstpersönlich auf seine charmante Weise durch den in den zurückliegenden 15 Jahren schrittweise errichteten Kulturbezirk „Ryutopia“  mit dem „Niigata City Performing Arts Center“ und der „Niigata City Culture and Music Hall“ als neuer geistiger Stadtmitte von Niigata zu führen. Dabei wurden verschiedene Spielstätten eines Aufsehen erregenden Neubaus eines klassischen Theaters mit an­geschlossenem Noh-Theater sowie mit einem außergewöhnlich gestalteten, 1.900 Sitzplätze umfassenden Konzertsaal besichtigt. Als besondere Geste wurden ebenso die Backstage-Bereiche sowie die spektakuläre, begrünte Dachlandschaft zugänglich gemacht.

Der gesamte Gebäude­komplex, der auch den geschichtsträchtigen Hakusan-Schrein mit seinem Garten, ein gerettetes historisches Gebäude mit nunmehrigen Möglichkeiten für TeeZeremonie etc., ein Sportstadium und eine große Leichtathletikhalle sowie städtebaulich hervorragend integrierte, eiförmige, begrünte Parkhäuser sowie eine mit zahllosen Kirschbäumen bepflanzte, überdeckelte Hauptverkehrsstraße umfasst, bildet auf beeindruckende Weise eine grüne, würdevolle und attraktive neue Mitte der Stadt Niigata. Der Neubau des Rathauses sowie weitere Gebäude der Stadtverwaltung grenzen unmittelbar an die parkartige Stadtlandschaft an.

Weitere bemerkenswerte Bauvorhaben zur Aufwertung der beiden Flussufer des Shinano-Flusses wurden in den zurückliegenden Jahren mit hohem Anspruch realisiert.

So hat beispielsweise die größte Tageszeitung von Stadt und Region, „Niigata Nippo“, ihren Sitz aus der Peripherie von Niigata im Jahr 2014 mit einem prägnanten, die Stadtsilhouette beherrschenden, schwungvollen Hochhaus, dem „Media Ship“, wieder zurück in die Stadtmitte verlagert. Weitere Bauvorhaben wurden entlang der Uferpromenaden realisiert und sind darüber hinaus in Planung.

Die Innenstadt befindet sich in einem umfangreichen Transformationsprozess. Zahlreiche Neubauvorhaben, insbesondere von Büro- und Appartmenttürmen, verändern das Stadtbild. Die im Vergleich zu anderen Städten Japans breiten Hauptstraßen werden von Baumalleen begleitet, welche die Stadt angenehm auflockern und durchgrünen.

Die Hafenstadt Niigata als bedeutende Verkehrs- und Logistikdrehscheibe mit schnellem Shinkansen-Anschluss in das nur rd. 250 km entfernte Tokyo und leistungsfähigen Eisenbahn- und Autobahnverbindungen in alle Landesteile sowie einem eigenen Flughafen strebt eine Vertiefung der Kontakte zu ausländischen Städten insbesondere mit Logistikfunktionen an.

So unterhält die Stadt Niigata bereits seit Anfang der 1980er Jahre intensive städtepartnerschaftliche Beziehungen zur nordchinesischen Millionenstadt Harbin, ebenfalls Partnerstadt von Magdeburg. Gleich zu drei Städten in Russland sowie zu weiteren Städten in verschiedenen Ländern werden lebendige städtepartnerschaftliche Kontakte gepflegt. Die Menschen in Niigata werden als aufgeschlossen und warmherzig eingeschätzt.

Niigata gehörte zu den fünf Hafenstädten, mit deren Öffnung für den internationalen Handelsverkehr im Jahr 1858 sich Japan nach mehr als 250 Jahren selbst gewählter Isolation für das Ausland öffnete und damit seine umfassende Modernisierung einleitete.

Die Wertschätzung durch unsere Freunde in Niigata sollte uns Ansporn und Motivation zugleich sein, unsere Aktivitäten zur Vertiefung der freundschaftlichen Kontakte nach Niigata fortzusetzen.

Japan-Dienstreise einer Magdeburger Energie-Expertin

Frau Strübig, wie ich kürzlich erfahren habe, waren Sie letztes Jahr in Japan unterwegs. Was hat Sie dort hingeführt?

Im Rahmen einer Expertenbeauftragung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) habe ich an einem Energiesymposium an der Universität von Nagoya teilgenommen. Daran schlossen sich Gespräche mit Vertretern des japanischen Wirtschafts- und Umweltministeriums in Tokyo an. Im Fokus standen die Herausforderungen einer Energiewende nach deutschem Vorbild, insbesondere die damit verbundene Schaffung entsprechender institutionell-rechtlicher Rahmenbedingungen sowie die Akzeptanz in der Bevölkerung. Im Rahmen des gemeinsamen Erfahrungsaustausches hat sich gezeigt, dass beide Länder, Deutschland und Japan, viel von einander lernen können und sich zukünftig eine noch engere Zusammenarbeit empfiehlt.

Welche Erwartungen von Land und Leuten hatten Sie vor Reisantritt?

In meinen Vorstellungen ist Japan immer ein faszinierendes Land gewesen, in dem fernöstliche Kultur und Traditionen in einem vitalen Spannungsverhältnis zu modernster Technologie und tief greifendem gesellschaftlichen Wandel stehen und Gastfreundlichkeit und Höflichkeit einen sehr hohen Stellenwert besitzen.

Wurden Ihre Erwartungen bzw. Vorstellungen erfüllt? Oder gab es ganz andere Erlebnisse?

Meine Erwartungen bzw. Vorstellen wurden erfüllt und teilweise übertroffen, auch wenn ich auf Grund der kurzen Aufenthaltszeit nur einen kleinen Einblick in dieses Land erhalten konnte. Besonders beeindruckt hat mich die Gastfreundlichkeit und Höflichkeit sowie die Hilfsbereitschaft der Japaner. Ich habe mich vom ersten Augenblick an in diesem Land aufgenommen und wohl gefühlt. Nicht zu vergessen in diesem Zusammenhang ist auch die Pünktlichkeit der Japaner. Insbesondere die Pünktlichkeit der japanischen Züge hat mir imponiert.

Beeindruckend war zudem, dass in diesem hochindustriellen, modernen Land das alte Japan weiterlebt und sich Tradition und Moderne in einem interessanten Wechselspiel befinden. Kunstvolle Schreine, ehrwürdige Pagoden sowie Ruhe spendende Zen-Gärten und traditionelle Teehäuser gehen einher mit imposanten Wolkenkratzern, Hightech und bunten Leuchtreklamen.

Wie haben die japanischen Städte Tokyo und Nagoya auf Sie gewirkt?

Tokyo ist für mich eine Stadt der Extreme, die Tradition und Moderne vereint und ein reges kulturelles Leben hat. Der Blick von einem der vielen Wolkenkratzer auf das nächtliche Lichtermeer aus Neonreklamen und glitzernden Warenhäusern war ein tolles Erlebnis.

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Der Großraum Nagoya als Heimat des riesigen Toyota-Konzerns ist eine moderne Industrie-region. Die Millionenstadt Nagoya mit ihren atemberaubenden Hochhäusern offenbart sich einem als aufstrebende, sich rasant verändernde Metropole.

Ein Besuch der Burg von Nagoya vermittelte mir, dass diese Stadt auch reich an Geschichte ist. So haben die drei bedeutendsten Helden der japanischen Feudalzeit – Oda Nobunaga, Toyotomi Hideyoshi und Tokugawa Ieyasu – hier ihre Spuren hinterlassen.

Wie sind Sie mit den japanischen Speisen zurecht gekommen?

Besonders aufgefallen ist mir, dass das Thema Essen in Japan eine sehr hohen Stellenwert besitzt und die Japaner hohe Anforderungen an Geschmack und Qualität ihrer Nahrungsmittel haben. In den Restaurants waren die angebotenen Gerichte stets frisch und von hoher Qualität sowie leicht und sehr bekömmlich. Das Frischfischangebot in Japan hat mich als bekennende Sushi-Liebhaberin begeistert.

Würden Sie gern wieder nach Japan reisen, wenn sich die Gelegenheit dazu bietet?

Ich habe mir fest vorgenommen, wieder nach Japan zu reisen. Allerdings dann für einen längeren Zeitraum, um Land und Leute besser kennen zu lernen sowie die herrlichen vielgestaltigen Landschaften – und nicht zu vergessen das Essen 🙂 – zu genießen.

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Das Interview führte Tim Schneider.