Tohoku – Tragik und Hoffnung einer tüchtigen Region

 Eindrücke vom Wiederaufbau im vom Tsunami überfluteten Nordost-Japan

Stippvisite im Jahr drei nach der Jahrtausendkatastrophe

Vortrag in der Stadtbibliothek

11.03.2015, 19.30 Uhr

Wie geht es weiter nach dem alles umwälzenden Tsunami?

In Tohoku, einer großen Region in Nordost-Japan, sind unglaublich schnell nach der in ihren Dimensionen von hier aus nur schwer begreifbaren Jahrtausendkatastrophe vom 11. März 2011 Schrecken und Trauer gewichen, sind Entschlossenheit, Tatkraft und unbeugsamer Wille zum Wiederaufbau in wahrnehmbare Fortschritte des Neuanfangs geflossen.

Die Hoffnung auf neues privates Fußfassen, auf wirtschaftlichen Wohlstand und auf ein funktionierendes Gemeinwesen wird bestärkt durch die ersten Pflänzchen realisierter Pilotprojekte. Die Projekte können beispielgebend für andere Regionen und Länder sein.

Hierüber wird Dipl.-Ing. Tim Schneider, Stadt- und Verkehrsplaner aus Magdeburg, am 11. März 2015, dem 4. Jahrestag der Dreifachkatastrophe, um 19.30 Uhr mit einem bild­gewaltigen Vortrag in der Stadtbibliothek berichten.

Dabei werden die plattentektonischen Rahmenbedingungen als Ursache für das stärkste je in Japan gemessene Seebeben kurz vorgestellt sowie die zerstörerischen Kräfte der Erschütterungen des Erdbebens wie auch der einströmenden Wassermassen des Tsunamis anhand von Fotos in Erinnerung gerufen. Darüber hinaus wird der Referent über die bereits vor den schicksalhaften Geschehnissen von demografischen Veränderungen und wirt­schaftlichem Strukturwandel geprägte Region sprechen.

Anhand innovativer Projekte, nicht selten auf der Ebene bürgerschaftlichen Engagements geboren und am Leben gehalten, wird der facettenreiche Neuanfang in den oft vollständig zerstörten Küstenstädten vorgestellt.

Begonnene staatliche Maßnahmen des baulichen Küstenschutzes, die sich an den unvor­stellbaren Höchstständen der Tsunami-Flutwelle orientieren, werden mit ihren Auswirkungen auf das Orts- und Landschaftsbild in Bezug gesetzt zu vielfältigen orts­angepassten Initiativen zur Wiederaufnahme des öffentlichen Lebens auf kommunaler und ehrenamtlicher Ebene.

Dabei wird klar, dass es garantierten Schutz in einer seismisch so aktiven Region nicht geben kann. Das technikgläubige Japan ist gerade dabei, sich dies in schmerzhaften Lern­prozessen einzugestehen.

Der Vortrag ist kostenfrei, um eine Spende für ein Hilfsprojekt für betroffene Kinder wird gebeten.

Weitere Informationen sind unter info@djg-magdeburg.de sowie unter Tel. 0179 – 34 78 272 (Tim Schneider) sowie unter Tel. 039203 – 60 430 (Prof. Lutz Wisweh)

Atombombenabwürfe auf Japan – Warum? Zum 70. Gedenkjahr

Am Donnerstag, 05.02.2015, waren auf Einladung der Deutsch-Japanischen Gesellschaft Sachsen-Anhalt e.V. gut 40 Magdeburgerinnen und Magdeburger in den IBA-shop des Stadtplanungsamtes gekommen, um dem Vortrag „Atombombenabwürfe auf Japan – Warum? Zum 70. Gedenkjahr“ zu folgen und an der Vernissage der Aus­stellung „Hiroshima – Nagasaki“ der Deutschen Sektion der Internationalen Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW) teil­zunehmen.

Auf Einladung der DJG war der Bürgermeister und Beigeordnete für Finanzen, Herr Klaus Zimmermann, als Vertreter der Landeshauptstadt Magdeburg gekommen.

Frau Dipl.-Ing. Liane Radike begrüßte als Hausherrin des IBA-shops sowie als Ver­treterin des Stadtplanungsamtes alle Gäste und brachte einen kurzen Überblick über die spezielle Magdeburger Rezeption der Geschehnisse zum Ende des Zweiten Weltkriegs in Japan ein.

Der Präsident der DJG, Herr Prof. Dr.-Ing. Lutz Wisweh begrüßte die Gäste und stellte Herrn Dr. med. Kamino als hier in Magdeburg bereits seit vielen Jahren bekannten und hoch geschätzten Referenten zu japanspezifischen Themen vor.

Herr Kamino brachte seine Freude zum Ausdruck, zum wiederholten Mal hier in Magdeburg vortragen zu dürfen.

Sein Vortrag führte in unerwartete, vielen Gästen so nicht bekannte historische Hintergründe und Sichtweisen ein.

Der Referent stellte eine ausgewogene, die verschiedenen Seiten beleuchtende Sicht auf historisch nachgewiesene, jedoch nicht unumstrittene Sachverhalte dar.

Quellen seines Vortrages waren u.a. verschiedene Publikationen mit Auswertung von Informationen aus in den vergangenen Jahren für die Öffentlichkeit zugänglich gemachten US-Militär- und Staatsarchiven.

Für viele Gäste schockierende, da so bisher nicht bekannte Erkenntnisse über die offen­sichtlich aus geopolitisch-strategischen Gründen getroffenen Entscheidungen, die zu den beiden Atombombenabwürfen führten. Der Referent argumentierte nachvoll­ziehbar und anhand konkreter Fundstellen, dass starke Zweifel bestehen, dass allein aus dem Kriegsverlauf resultierende Erfordernisse zur schwerwiegenden Entscheidung des Atom­bomben-Abwurfes geführt hatten. Es müssen wohl andere Gründe im Vordergrund gestanden haben. Auf diese ging der Referent vertiefend ein.

Herr Kamino wies anhand aktueller Schulbücher eine mangelhafte, da nicht gegebene ganzheitliche Sicht auf historische Zusammenhänge im japanischen wie auch im US-amerikanischen Schulbildungssystem nach. Er resümiert für beide Nationen eine weit verbreitete Unwissenheit über die wahren Zusammenhänge und Hintergründe.

Nach dem Vortrag stellte sich der Referent den Fragen und Beiträgen aus dem Audi­torium. Dabei ging es unter anderem darum, wie heute mit 70 Jahren Abstand zu den Geschehnissen diese überhaupt noch angemessen gewürdigt werden können.

Mehrere Fragen aus dem Auditorium fokussierten auf die heutige Rezeption der historischen Geschehnisse in Japan. Auf Nachfrage konstatierte Herr Kamino, dass in der japanischen Gesellschaft kein Zusammenhang zwischen militärischer und friedlicher Nutzung der Kernenergie gesehen wird. Die aktuellen Geschehnisse in Fukushima würden in Japan nicht mit den Erfahrungen aus Hiroshima und Nagasaki verbunden.

Der im japanischen Volk ungemindert fortbestehende unverbrüchliche Wille zu Fried­fertigkeit und Völkerverständigung und die bedingungslose Absage jeglicher Her­stellung, Anschaffung und Vorhaltung von Kernwaffen stehen nicht im Widerspruch zu den zunehmenden Spannungen in Ostasien und den aktuellen innerjapanischen Debatten zur künftigen Ausrichtung der Selbstverteidigungsstreitkräfte und der außen­politischen Positionierung.

Die Ausstellung der Deutschen Sektion der Internationalen Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW) greift nahtlos den inhalt­lichen Faden des Abends auf und stellt ihn auf ein breiteres Fundament.

Zwei aus Japan stammende Wissenschaftler der Otto-von-Guericke-Universität hatten den Weg zum IBA-shop gefunden, ebenso waren Ärzte des Universitäts-Klinikums unter den Gästen. Frau Dr. Poenicke, neue Leiterin der Stadtbibliothek, sowie der DJG-Ehren­präsident Michael Gosewisch mit seinem Sohn Roman sowie Herr Dr. med. Rolf Wilms, der Referent des für April 2015 vorgesehenen Vortrags über – u.a. strahlungsbedingte – Hautkrankheiten, waren in den IBA-shop gekommen.

Die Ausstellung wird bis zum 28.02.2015 im IBA-shop, Regierungsstraße 37, zu sehen sein. Anhand ausgewählter Fotos, graphisch aufbereiteter Informationen und Statistiken wird die komplexe Materie der Herstellung, der Auswirkungen der Detonation, der Folge­wirkungen sowie des lang anhaltenden Leids der Menschen vor Ort dokumentiert. Die Informationen gehen im wahrsten Sinne der Worte unter die Haut…

Tim Schneider